Im Rahmen des Projektseminars „Die Bühne der Welt. Der Niederrhein in der Frühen Neuzeit“ unter der Leitung von Kristina Hartfiel vom Institut für Geschichtswissenschaften und Nils Loscheider vom Städtischen Museum Schloss Rheydt, haben Studierende der Geschichtswissenschaften im Sommersemester 2022 ausgewählte historische Karten des Städtischen Museums Schloss Rheydt in Mönchengladbach gesichtet, ausgewertet und kontextualisiert. Die Ergebnisse sind nun in einer von den teilnehmenden Master-Studierenden umgesetzten Online-Ausstellung „Ansichtssache! Kartographische Darstellungen des Niederrheins in der Frühen Neuzeit“ zu besichtigen.
Auf in die Provinz! Der Niederrhein als Bühne der Welt in der Frühen Neuzeit
„Provintz, lat. Provincia, heisset anietzo ein gewisser Strich Landes, der seine besondern Städte, Flecken und Herrschaften hat, und einem Poetentaten unterwürffig ist. Solchergestalt werden die Niederlande in 17 Provintzen abgetheilet, deren 7 denen Holländern, die übrigen 10 aber unter dem Kayser [usf.] stehen,“
erläutert Johann Heinrich Zedlers Universal-Lexicon aller Wissenschaften und Künste im Jahr 1741. In dem der Verfasser des Artikels bei seiner Begriffserklärung die Provinzen der Niederlande anführt, bringt er direkt die Region, ja das Machtgefüge zur Sprache, das den Ausgangspunkt des Projektseminars bildete. Der Konflikt zwischen dem spanischen-habsburgischen Weltreich und den sieben nördlichen Provinzen der Niederlande im 16. und 17. Jahrhundert, an dessen Ende die Unabhängigkeit dieser Provinzen stand, hatte konkrete Auswirkungen auf die angrenzenden niederrheinischen Gebiete. Als Teil eines großen Kulturraumes wurde der Niederrhein in diesem „Achtzigjährigen Krieg“ immer wieder zum Schauplatz – gar – zum Kampfplatz der Mächte. Der Konflikt zwischen den Spaniern und den Niederländern wurde zum Teil direkt hier vor unseren Türen – in Neuss, Mönchengladbach oder Jülich ausgetragen. Nicht nur deshalb wurde der Niederrhein, als »Bühne der Welt«, visuell auf (Flug-)Blättern oder historischen Karten festgehalten. Während diesem heute als Niederrhein bezeichneten Bereich gerne das Attribut provinziell anhaftet, war er somit im 16. und 17. Jahrhundert keineswegs rückständig, sondern mitten drin im Weltgeschehen. Ebenfalls hier entstanden wegweisende, kartographische Arbeiten, beispielsweise von Christian Sgrothen (Sonsbeck), Gerhard Mercator (Duisburg) oder dem Kölner Kupferstecher Franz Hogenberg. Eine überschaubare, aber ansehnliche Sammlung dieser Karten sind im Besitz des Städtischen Museums Schloss Rheydt in Mönchengladbach und standen im Mittelpunkt eines Projektseminars am Institut für Geschichtswissenschaften.
Ansichtssache! – Eine studentische Online-Ausstellung als Ergebnis eines Projektseminars zum historischen Kartenbestand des Städtischen Museum Schloss Rheydt Mönchengladbach
Das Seminar und der Analyseauftrag haben mir viele neue Perspektiven eröffnet.
– Carl Beckmann, Student der Geschichtswissenschaften und der Politikwissenschaft
Wer hat den Niederrhein wie beschrieben? Gemeinsam mit Nils Loscheider, stellvertretender Museumsdirektor am Schloss Rheydt, machten Bachelor- und Masterstudierende der Geschichte im Sommersemester anhand des Mönchengladbacher Quellenmaterials einen Streifzug durch das ‚Who is Who‘ der frühneuzeitlichen Kartografie und arbeiten einen Teil des historischen Kartenbestands wissenschaftlich auf.
Das Praxisseminar ermöglichte Einblicke in die Arbeit einer Museumssammlung, insbesondere durch die beiden Besuche in Schloss Rheydt. Die Beschäftigung mit einer reellen Karte, die noch keine, beziehungsweise kaum Hintergrundinformationen mit sich brachte, zwang einen dazu, über die gewohnten Mittel der Recherche hinauszusehen.
– Mia Reißner, Studentin der Geschichte und Kunstgeschichte
Nach einführenden Sitzungen zu historischen Karten als Quellenmaterial sowie zur Geschichte des Niederrheins und der Rheydter Sammlung, wählte jede*r Studierende selbstständig eine historische Karte aus dem Bestand zur wissenschaftlichen Aufarbeitung aus. Angeleitet durch eine ILIAS-Lernsequenz wurden diese Karten dann in einer ersten Projektarbeitsphase nach einem bereitgestellten Leitfaden ausführlich beschrieben und kontextualisiert, bevor die ersten Rechercheergebnisse an einem Blocktermin im Museum Schloss Rheydt präsentiert und diskutiert worden.
In einer weiteren Projektphase galt es dann die benannten Recherchelücken für die Projektarbeit zu schließen.
Ich persönlich hatte den Eindruck durch das Feedback des Kurses neue Denkanstöße gewonnen zu haben, so dass mir Recherchelücken und Möglichkeiten zur weiteren Vertiefung bewusster wurden. Kommunikation ist selbstverständlich elementar für Wissenschaft und Beruf. Das Praxisseminar bot entsprechend Räume, um entsprechende Kompetenzen einzusetzen und daraus zu lernen.
– Richard Weimann, Student der Geschichtswissenschaften und Politikwissenschaft
In der zweiten Arbeitsphase stand die Bearbeitung der Kartenbeschreibungen der Kommilition*innen zu Ausstellungstexten an. Die Ausstellung setzt sich aus 16 verschiedenen Karten zusammen, so dass jeder Masterstudierende die Aufgabe hatte, drei bis vier Kartenbeschreibungen redaktionell zu bearbeiten.
– André Ingendae, Masterstudent der Geschichtswissenschaften
Aufbauend auf den Ergebnissen der Kartenbeschreibungen haben die vier teilnehmenden Masterstudierenden das Konzept für die Online-Ausstellung „Ansichtssache! Kartographische Darstellungen des Niederrheins in der Frühen Neuzeit“ entworfen und mit Hilfe der Projektleiter*in für die Sammlungs-Plattform „museum-digital“ umgesetzt.
Das besonders Schöne und Wertvolle dieser Veranstaltung war für mich ihre Ansiedlung an der Schnittstelle zwischen universitärer Lehre und Forschung auf der einen sowie der praktischen Anwendung und Vermittlung von Wissen im außeruniversitären Bereich auf der anderen Seite
– Viktor-Emanuel zu Sachsen, Masterstudent der Geschichtswissenschaften