Sammeln zwischen Kitsch und Kunst

Ausstellung vom 14. März – 30. Mai 2010

Mit den prächtigen Gegenständen aus der Kunst- und Wunderkammer gibt das Städtische Museum Schloss Rheydt in seiner Dauerausstellung Zeugnis über ein frühes Sammlungskonzept ab, das jeglicher Lebensnotwendigkeit entbehrt. Denn das Sammeln, das in der Urzeit die Existenz des Menschen sicherte, entwickelte sich spätestens seit der Renaissance zu einer institutionalisierten Tätigkeit, die zunächst auf Repräsentation, Forschung und Bewahrung, aber nicht zuletzt auch auf einen gewissen aristokratischen Unterhaltungs- und Freizeitwert ausgelegt war. Während das Sammeln im Sinne des Bewahrens und Forschens zum Wohle der Öffentlichkeit über die Jahrhunderte hinweg den Museen, Archiven und Bibliotheken vorbehalten war und bis heute noch ist, findet sich das Sammeln als Freizeitbeschäftigung und Entspannung mittlerweile hauptsächlich im privaten Bereich wieder. Im Gegensatz zu früher muss man heute nicht mehr wohlhabend sein, um sich eine Sammlung aufbauen zu können. Jeder kann sammeln. Umso unterschiedlicher und facettenreicher sind dafür die Formen und Beweggründe des Sammelns, geschweige denn die Sammelgebiete.

Die kleinen Kinderfiguren aus der Hand der Ordensschwester Maria Innocentia Hummel füllen ganze Wohnzimmervitrinen und erfüllen mit ihren unschuldigen und niedlichen Gesichtern das Herz ihrer Sammlerin. Ein Keller wird nicht für die Vorratshaltung, sondern für die Einrichtung einer Kinder- und Jugendbibliothek genutzt. Alles fein säuberlich dem Alphabet nach geordnet, von A wie Aab bis Z wie Zwilgmayer. Bisweilen finden sich Themengrüppchen – man kann sich einfach nicht entscheiden ob dieser Vielfalt, die die alten Schätze bieten. Der andere würde gerne thematisch sortieren, hat aber nicht genügend Platz, um die akribische Ordnung durchzusetzen, die ihm vorschwebt. Stattdessen stehen kleine Büsten des Grafen Zeppelin dicht an dicht mit 100 Jahre alten Gläsern oder Tellern, die das Konterfei desselben tragen, ein Andenkenlöffel dazwischen; für ein kleines Stehaufmännchen in Form des Grafen ist gerade noch ein Fleckchen frei. Da passiert es schon mal, dass man etwas wiederentdeckt, von dem man gar nicht mehr wusste, dass man es hatte. Dem Fußballfan könnte das wohl nicht passieren. Mit einem Griff holt er genau die Ausgabe des „Fohlen-Echos“, die Stadionzeitung des VfL Borussia Mönchengladbach, hervor, die man sehen möchte. Die Leidenschaft dieses Sammlers geht sogar so weit, dass er quasi in seinem Sammelgebiet beruflich Fuß fassen konnte – er ist mittlerweile bei seinem Lieblingsverein als Archivar angestellt.

So unterschiedlich nicht nur die Sammelgebiete, sondern auch die Menschen hinter diesen Sammlungen sind, so verschieden sind auch die Geschmäcker. Was nun Kitsch ist und was Kunst, vermag wohl niemand endgültig festzulegen. Es kommt ja eben auf den Geschmack an. Daher soll diese Frage auch jeder Ausstellungsbesucher selbst beantworten.

Gleich zu welchem Schluss ein jeder kommen wird, eines steht fest: Ob Kurioses, Kitsch oder Kunst – es gibt nichts, was es nicht gibt.